Stress wirkt sich auf jeden Menschen individuell aus. Es gibt jedoch universelle Reaktionsmuster, die in unserem Nervensystem veranlagt sind und evolutionär darauf abzielen, lebensbedrohliche Situationen zu überstehen.
Das Verständnis dieser Stressreaktionen ermöglicht es, eigene Verhaltensmuster bewusster zu erkennen und gezielt darauf zu reagieren. Gleichzeitig hilft es, das Verhalten anderer besser zu verstehen und so Konflikte oder Missverständnisse in zwischenmenschlichen Beziehungen zu reduzieren.
1. Fight (Kampf)
Evolutionäre Funktion | Ausprägungen im modernen Alltag |
Reaktion auf eine Bedrohung, die direkt bekämpft werden muss. | Wut, Kontrollzwang, Mobbing, Streitsucht, aggressives Verhalten, Reizbarkeit, schnelle, Eskalation in Konflikten, Übergriffigkeit, Feindseligkeit, impulsive Reaktionen. |
2. Flight (Flucht)
Evolutionäre Funktion | Ausprägungen im modernen Alltag |
Reaktion, wenn Flucht die beste Überlebensstrategie ist. Der Körper mobilisiert Energie, um schnell zu entkommen. | Überarbeitung (Workaholic), Grübeln, Angst, Panik, Nervosität, Perfektionismus, ständiger Drang nach Ablenkung (z. B. Social Media, Videospiele), Vermeidung von unangenehmen Aufgaben oder Situationen, sozialer Rückzug. |
3. Freeze (Erstarren)
Evolutionäre Funktion | Ausprägungen im modernen Alltag |
„Notbremse“, wenn weder Kampf noch Flucht möglich sind. Der Körper erstarrt, die Atmung wird flach, die Muskeln werden steif. | Gefühl der Überforderung, Prokrastination, Entscheidungslosigkeit, emotionale Blockaden, Dissoziation, Hilflosigkeit, Vermeidung von Konflikten oder schwierigen Gesprächen. |
4. Fawn (Unterwerfung)
Evolutionäre Funktion | Ausprägungen im modernen Alltag |
Anpassung oder Beschwichtigung, um eine Bedrohung durch Unterwerfung zu entschärfen. | People Pleasing, fehlende Grenzen, übermäßige Anpassung, unterwürfiges Verhalten, immer gefallen wollen, ständiges Streben nach Bestätigung und Anerkennung, Vernachlässigung eigener Bedürfnisse. |
Quellen:
McEwen, B. S., & Stellar, E. (1993). Stress and the individual: Mechanisms leading to disease. Archives of Internal Medicine, 153(18), 2093-2101.
Porges, S. W. (2011). The polyvagal theory: Neurophysiological foundations of emotions, attachment, communication, and self-regulation. W.W. Norton & Company.
Selye, H. (1976). The stress of life (rev. ed.). McGraw-Hill.
Van der Kolk, B. A. (2014). The body keeps the score: Brain, mind, and body in the healing of trauma. Penguin Books.