Wie sehe ich mich selbst? Was erwarte ich von mir? Wie wäre ich gerne? Was tue ich dafür, um meinen Idealvorstellungen zu entsprechen? All diese Fragen haben mit dem Selbstbild zu tun, das eine unterschätzte Ursache von psychischen Problemen ist. Denn in den meisten Fällen entstehen negative Gefühle, wenn das ideale und reale Selbstbild voneinander abweichen. 

Ein Beispiel:

  1. Ich erwarte von mir, eine selbstsichere Person zu sein, die sich unter Menschen wohl fühlt und authentisch ist (ideales Selbstbild).
  2. Ich habe in sozialen Situationen das Gefühl, dass ich unsicher und unbeholfen bin – und eine Fassade aufbaue, um keine Schwäche zu zeigen.
  3. Ich sehe mich als unsichere Person, die Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen hat und verschlossen ist (reales Selbstbild).
  4. Die Diskrepanz zwischen dem idealen und realen Selbstbild führt zu unangenehmen Gefühlen wie Niedergeschlagenheit, Selbstvorwürfen oder Minderwertigkeit.

Durch das Beispiel lassen sich zwei typische Denkmuster erkennen:

  1. Das ideale Selbstbild ist häufig unrealistisch: „Ich erwarte von mir, eine selbstsichere Person zu sein“ suggeriert, dass ich niemals unsicher sein darf. Realistischer wäre: „Ich wünsche mir, eine selbstsichere Person zu sein – es ist aber auch vollkommen okay, wenn ich unsicher bin – vielleicht wirke ich dadurch sogar authentischer“.
  2. Das reale Selbstbild ist häufig verzerrt: „Ich sehe mich als unsichere Person“ ist eine generalisierte und polarisierte Wahrnehmung. Ausgewogener wäre: „Ich bin eine Person, die in bestimmten Situationen unsicher ist – und das ist vollkommen okay“. 

Je geringer die Diskrepanz zwischen dem idealen und realen Selbstbild, desto unwahrscheinlicher, dass eine Person darunter leidet. Um die Diskrepanz zu reduzieren, ist eine Fähigkeit besonders wichtig: Selbstakzeptanz

Was bedeutet Selbstakzeptanz?

Selbstakzeptanz erfordert, radikal ehrlich mit sich zu sein und die Glaubenssätze, die dem idealen Selbstbild zugrunde liegen, zu hinterfragen: Warum muss ich die selbstsichere Person sein? Warum genüge ich nicht, wenn ich unsicher bin? Warum darf ich keine „Schwäche“ zeigen? 

Selbstakzeptanz bedeutet also, sich anzunehmen, wie man ist – und sich von den Illusionen zu lösen, wie man gerne wäre (bzw. wie man zu sein hat, um gemocht/geliebt zu werden). Das Ganze ist ein schwieriger und häufig schmerzhafter Prozess, weshalb es unter Umständen hilfreich sein kann, psychologische Beratung oder Therapie in Anspruch zu nehmen.


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