Stelle dir vor, du sitzt in einem Bahnhof und wartest auf deinen Zug. Du hörst die Durchsage, dass der Zug eine Stunde verspätet ist. Wie fühlt sich das an? Nimm dir etwas Zeit, bevor du weiterliest.
Stelle dir nun vor, die Situation wäre eine andere: du wartest am Bahngleis und hörst, dass die Strecke zu deinem Ziel gesperrt ist. Es ist unklar, ob an diesem Tag noch eine Bahn fährt. Nach einer halben Stunde erfährst du, dass die Strecke wieder freigegeben wurde und dein Zug – mit einer Verspätung von einer Stunde – losfahren kann. Wie fühlt sich das an? Höre in dich hinein.
In beiden Fällen ist das Endergebnis identisch. Doch häufig unterscheidet sich das vordergründige Gefühl zwischen den Situationen: Ärger vs. Freude (bzw. Erleichterung). Unsere Emotionen hängen also von unseren Erwartungen ab. Ist die Erwartungshaltung hoch („mein Zug ist diesmal bestimmt pünktlich“), kann es schnell passieren, dass sie unerfüllt bleibt. Ist die Erwartungshaltung niedrig („hoffentlich komme ich irgendwie nach Hause“), ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie übertroffen wird.
Wir können weder äußere Faktoren beeinflussen (wie die Pünktlichkeit eines Zuges) noch unsere natürlichen Emotionen (wie Ärger oder Freude). Es gibt aber einen großen Bereich, der dazwischen liegt und veränderbare Komponenten beinhaltet: u. a. Einstellungen, Gedankenmuster, persönliche Eigenschaften – oder auch Erwartungshaltungen.
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt die Macht unserer Wahl. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“ – Viktor Frankl