Selbstbeobachtung – auch Introspektion genannt – ist eine effektive Methode, um das eigene Erleben bewusst wahrzunehmen und zu reflektieren. Schon in der antiken Philosophie war dieses Vorgehen eine der zentralen Quellen, um Erkenntnisse über die eigene Person und das Leben zu gewinnen.
Unsere Gefühlswelt ist äußerst komplex, arbeitet in rasender Geschwindigkeit und versteckt sich oftmals im Unterbewusstsein. Dies führt häufig zu fehlerhaften Annahmen darüber, wie es uns eigentlich geht, was langfristig zu psychischen Problemen führen kann.
Für den Einstieg in die Beobachtung von Emotionen hilft es, einen regelmäßigen Zeitpunkt am Tag festzulegen, mit einer „Gefühlsliste“ oder einem „Gefühlsrad“ zu arbeiten und die einzelnen Empfindungen auf einer Skala von 0 (= nicht vorhanden) bis 10 (= sehr stark) einzuordnen.
In Stufe I werden zunächst 6 Gefühle täglich beobachtet. Wenn dies über mehrere Wochen gelungen und zur Routine geworden ist, kommen in Stufe II weitere 12 Gefühle hinzu. Die Frequenz der Beobachtungen sollte dann langsam erhöht werden, sodass sie mehrfach täglich durchgeführt werden. In Stufe III kann schließlich eine freie Introspektion erfolgen – dies ist aber nur Erfahrenen zu empfehlen, da es leicht zu Verzerrungen in der Beobachtung kommen kann.
Stufe I: 6 zentrale Gefühle beobachten
- Ängstlich
- Friedlich
- Fröhlich
- Kraftvoll
- Traurig
- Wütend
Stufe II: 12 weitere Gefühle beobachten (zusätzlich zu den 6 aus der ersten Stufe)
- Abgeneigt
- Aufgeregt
- Einsam
- Glücklich
- Liebevoll
- Neugierig
- Scham
- Schuldig
- Stolz
- Überrascht
- Zugewandt
- Zuversichtlich
Stufe III: Freie Introspektion (ohne Gefühlsliste/Gefühlsrad)
Quellen:
Cowen, A. S., & Keltner, D. (2017). Self-report captures 27 distinct categories of emotion bridged by continuous gradients. PNAS Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 114(38), E7900–E7909.
Plutchik, R., & Kellerman, H. (Hrsg.). (1989). The measurement of emotions. Academic Press.
Willcox, G. (1982). The Feeling Wheel: A tool for expanding awareness of emotions and increasing spontaneity and intimacy. Transactional Analysis Journal, 12(4), 274–276.